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Akten des Kultusministeriums betreffend die Israelitische Religionsgemeinschaft Baden: kein Anspruch auf ungeschwärzte Informationen - Urteilsgründe liegen vor

Datum: 05.03.2024

Kurzbeschreibung: Der 10. Senat des Verwaltungsgerichtshofs (VGH) hat im Anschluss an die mündliche Verhandlung vom 8. November 2023 die Berufung des Klägers zurückgewiesen, der Zugang zu Akten des Kultusministeriums ohne die Schwärzung über interne Vorgänge bei der Israelitischen Religionsgemeinschaft Baden und deren Baden-Badener Gemeinde erreichen wollte (siehe bereits Pressemitteilung vom 09.11.2023). Zu diesem Urteil liegen nun die Urteilsgründe vor.

Akten des Kultusministeriums betreffend die Israelitische Religionsgemeinschaft Baden: kein Anspruch auf ungeschwärzte Informationen - Urteilsgründe liegen vor

Das Verwaltungsgericht Karlsruhe hatte die Klage auf Informationszugang mit Urteil vom 24. November 2021 - 6 K 192/19 - abgewiesen. Der Kläger war Erster Vorsitzender einer Gemeinde der israelitischen Religionsgemeinschaft in Baden K.d.ö.R. und wurde nach Untreuevorwürfen abberufen. In deren Folge fanden umfangreiche Wirtschaftsprüfungen statt, die unter anderem die ordnungsgemäße Verwendung finanzieller Zuwendungen des Landes untersuchten. Auf seinen Antrag hat das Kultusministerium dem Kläger nur eingeschränkt Zugang zu den bei ihm in dieser Angelegenheit vorliegenden Informationen gewährt. Die auf vollständigen Informationszugang gerichtete Klage des Klägers hat das Verwaltungsgericht Karlsruhe weitgehend abgewiesen. Einem weitergehenden Informationsanspruch nach dem Landesinformationsfreiheitsgesetz (LIFG) stünden Persönlichkeitsrechte Dritter sowie das verfassungsrechtlich garantierte Selbstbestimmungsrecht der beigeladenen Religionsgemeinschaft bzw. der betreffenden Gemeinde nach Art. 140 GG i.V.m. Art. 137 Abs. 3 Weimarer Reichsverfassung (WRV) entgegen. Dieses sei als „ungeschriebener“ Ausnahmegrund bei der Anwendung des LIFG zu berücksichtigen (siehe hierzu auch die Pressemitteilung des VGH vom 02.03.2023).

Der 10. Senat hat das Urteil des Verwaltungsgerichts zwar nicht in der Begründung, aber im Ergebnis bestätigt. Die internen Vorgänge bei den beigeladenen Religionsgemeinschaften seien vom Grundgesetz geschützt. Danach hätten die Religionsgemeinschaften das Recht, ihre eigenen Angelegenheiten selbst und ohne Einmischung des Staates zu regeln. Unter die religionsverfassungsrechtliche Selbstverwaltungsgarantie fielen typischerweise auch die Haushaltsführung, Vermögensverwaltung und wirtschaftliche Tätigkeit der Religionsgemeinschaften. Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts könnten dem Informationsanspruch des Klägers nach dem LIFG die einschlägigen verfassungsrechtlichen Bestimmungen (Art. 140 GG i. V. m. Art. 137 Abs. 3 WRV) aber nicht als ungeschriebene Ausnahmegründe direkt entgegengehalten werden. Das LIFG enthalte vielmehr ein abgeschlossenes System von Bereichsausnahmen und Ausschlussgründen, die den im Grundsatz umfassenden und voraussetzungslosen Informationsanspruch begrenzten. Das Fehlen einer Ausnahmebestimmung zum Schutz der Selbstverwaltungsgarantie der Religionsgemeinschaften stelle allerdings eine vom Gesetzgeber ungewollte, planwidrige Regelungslücke dar. Diese sei durch eine analoge Anwendung der Ausnahmebestimmung zum Schutz von Geschäfts- und Betriebsgeheimnissen (§ 6 Satz 2 LIFG) zu schließen. Ein Zugang zu Informationen, die der verfassungsrechtlichen Selbstverwaltungsgarantie einer Religionsgemeinschaft zuzurechnen sind, dürfe danach nur gewährt werden, wenn die Religionsgemeinschaft hierin einwillige.

Die Revision zum Bundesverwaltungsgericht wurde nicht zugelassen. Dagegen kann der Kläger binnen eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils Nichtzulassungsbeschwerde zum Bundesverwaltungsgericht erhoben werden (Az. 10 S 916/22).

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